Von Josef Unterholzner, erschienen im Straubinger Tagblatt am 06.11.2024
Das hochaktuelle Thema „Lebenselixier Wasser“ stand im Mittelpunkt der dritten Nachhaltigkeitsgespräche des Hochschulstadtvereins am 4. November im Stufenhörsaal des TUM Campus an der Uferstraße. Angesichts der verheerenden Starkregenfälle in Italien, Frankreich und Spanien, des sinkenden Grundwasserspiegels in weiten Teilen Bayerns, des immer höher werdenden Wasserverbrauchs und der immer stärkeren Belastung des Trinkwassers durch Giftstoffe, müsse das Engagement für den besseren Schutz unseres Trinkwassers schnell und deutlich verbessert werden, war das Fazit des sehr informativen und aufrüttelnden Abends.
Der Hochschulstadtverein hatte mit der Auswahl des Themas und der hochkarätigen Referenten und Diskussionsteilnehmer offensichtlich den Nerv der Zeit getroffen. Und so konnte sich Toni Hinterdobler als Vorsitzender des Hochschulstadtvereins über den großen Andrang der Zuhörer aus den unterschiedlichsten Bereichen der Gesellschaft freuen.
Prof. Dr. Jürgen Geist vom Lehrstuhl für Aquatische Systembiologie der TUM School of Life Sciences in Weihenstephan-Triesdorf informierte mit seinem Impulsreferat über die Möglichkeiten, wie wir das Wasser sauber halten könnten. Die bereits erfolgreich gelösten Probleme wie Versauerung oder Anreicherung von Nährstoffen in Gewässern sollten dazu ermutigen, die lösbaren Herausforderungen Nitratbelastung, Cyanobakterien und Mikroplastik anzunehmen. Um die unterschiedlichen Nutzungsinteressen in Einklang zu bringen und das Verfehlen der gesteckten Umweltziele zu verhindern, müsse die Bedeutung des Landschafts-Wasserhaushalts anerkannt und Synergien genutzt werden. Die Herabsetzung der Zielmarken sei nicht sinnvoll.
Schlimmste Prognosen werden noch übertroffen
Prof. Dr. Martin G. Grambow, Honorarprofessor der TU München von der TUM School of Engineering and Design in Garching und langjähriger Leiter der Abteilung Wasserwirtschaft und Bodenschutz im Bayerischen Umweltamt, machte auf die erheblichen Unterschiede bei den Niederschlagsmengen zwischen Süd- und Nordbayern aufmerksam. Während der Grundwasserpegel immer weiter sinke, werden die Starkregen immer häufiger. Die Entwicklung der Jahresmitteltemperatur und der Grundwasserneubildung entwickle sich noch schlimmer, als in allen bisherigen Prognosen vorhergesagt wurde. Um die Versorgung der Menschen mit Trinkwasser für die Zukunft sicher zu stellen, sei die Ertüchtigung der Infrastruktur, ein flächenhafter Grund- und Trinkwasserschutz, eine Reduzierung der Belastungen und eine Optimierung der Speicher und Überleitungen notwendig. Die Schaffung nachhaltiger landwirtschaftlicher Bewässerungsstrukturen, die Verbesserung des Landschaftswasserhaushalts und die Weiterentwicklung der Kommunen zu sogenannten Schwammstädten seien weitere Aktionsfelder, die von modernen Monitoring- und Managementsystemen sowie fiskalischen und gesetzlichen verhaltenslenkenden Maßnahmen begleitet werden müssten.
Bei der Podiumsdiskussion wies Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber darauf hin, dass der Freistaat mit seiner „Richtlinie für Zuwendungen zu wasserwirtschaftlichen Vorhaben“ (RZWas) die Kommunen dabei unterstütze, die Schwammfunktion des Bodens für einen besseren Wasserrückhalt vor Ort zu nutzen. Weil bei lang anhaltenden Niederschlägen oder Starkregen die Schwammfunktion aber an ihre Grenzen komme, sei zusätzlich technischer Hochwasserschutz nötig. Um die vielen Aufgaben rund um das Thema Wasser finanzieren zu können, sollte der Freistaat einen Wasser-Cent einführen, auch wenn nicht alle davon begeistert seien. Für den durchschnittlichen Verbraucher bedeute der Wasser-Cent Mehrausgaben in Höhe von vier bis fünf Euro im Jahr. Wasser sei eine schwierige Daueraufgabe, die man nicht ungelöst liegen lassen dürfe.
Gestaffelter Wasser-Cent für Großverbraucher
Eva Lettenbauer, Vorsitzende der bayerischen Grünen, mahnte angesichts der düsteren Prognosen für die kommenden Jahrzehnte, dass die Gesellschaft alle Kräfte bündeln müsse, um das Ökosystem vor dem Kollaps zu bewahren. Sie kritisierte, dass CSU und Freie Wähler seit Jahren von der Einführung des Wasser-Cents reden, aber keine Taten folgen. Die Grünen würden sich einen gestaffelten Wasser-Cent wünschen, der große Verbraucher stärker belaste. „Wir müssen etwas tun, damit der Grundwasserspiegel wieder steigt, und dazu brauchen wir mehr Geld.“
Christoph Kämpf, Geschäftsführer der Karmeliten-Brauerei, berichtete von den Anstrengungen seiner Brauerei, möglichst wenig Wasser und Energie zu verbrauchen. Durch massive Investitionen in moderne Maschinen könne die Brauerei im Vergleich zu früher rund 40 Prozent Wasser einsparen. Eindringlich appellierte Kämpf an die Besucher der Veranstaltung, den eigenen Wasserverbrauch kritisch zu überdenken. „Wenn jeder Straubinger seinen Wasserverbrauch um zehn Prozent reduzieren würde, wäre das für die Stadt eine riesige Ersparnis.“
Prof. Dr. Ingrid Kögel-Knabner vom Lehrstuhl für Bodenkunde der TUM School of Life Sciences in Freising betonte, dass der Boden für die Speicherung von Wasser essenziell sei. Je mehr Fläche versiegelt und je stärker der Boden durch schwere Maschinen verdichtet wird, desto weniger Wasser könne er speichern und filtern.
Vierte Reinigungsstufe kostet 20 Millionen Euro
Cristina Pop, Geschäftsführerin der Straubinger Stadtentwässerung und Straßenreinigung (SER), berichtete von den verschiedenen Maßnahmen, die Straubing auch dank der Unterstützung durch den Freistaat ergriffen habe, um Bäche zu renaturieren, Flächen zu entsiegeln und neue Grünflächen zu schaffen. Während die Kläranlage früher aus einem einfachen Rechen bestand, könne die Straubinger Anlage mittlerweile sogar den Stickstoff aus dem Abwasser filtern. Um noch bessere Ergebnisse zu erzielen, sei die vierte Reinigungsstufe sinnvoll, werde aber rund 20 Millionen Euro kosten.
In seinem Schlusswort kündigte Prof. Dr. Volker Sieber, Rektor des Straubinger TUM Campus, das Thema für das vierte Straubinger Nachhaltigkeitsgespräch im kommenden Frühjahr an: „Nachhaltige Lebensmittelproduktion.“
Fotos: Jan Winter/TUM.